PRESSE: DGVH-MASTERSTUDIENGANG 2019

 
15.02.2019

Weiterbildung zum Spezialisten für Vermögensschadenhaftpflicht und gleichzeitig zum Cyberprofi. An der Rheinischen Fachhochschule Köln (RFH) ist das erstmals auf akademischen Wege möglich. Die beiden Studiengangsleiter, Rechtsanwältin Friederike Scholz und Michael Kroll (RFH, Liberty Mutual Insurance Europe SE) im procontra-Interview.

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Weiterbildung: Master in Cyber

procontra: Der Name des neuen Masterstudiengangs erscheint etwas sperrig. Was können Sie über die Inhalte sagen, die dazu an der Rheinischen Fachhochschule Köln vermittelt werden?

Friederike Scholz: Der Studiengang ist so konzipiert, dass er die drei klassischen Felder der Vermögensschadenhaftpflicht abdeckt: D&O-Haftung, Haftung der verkammerten Berufe sowie für die große restliche Gruppe, das heißt, Vereine juristische Personen des öffentlichen Rechts, Dienstleister inkl. Vermittler etc. Das drückt sich auch im Namen aus. Um den haben wir lange gerungen und uns letztlich auf das kleine Monster geeinigt.

Michael Kroll: Wir verstehen dies zugleich als Start einer Reihe von Studiengängen, die unter dem Label Liability, Risk and Insurance – Haftung, Risiko und Versicherung – bezogen auf andere Sparten folgen können.

procontra: Wer kann oder soll sich von dem neuen berufsbegleitenden Studienangebot angesprochen fühlen?

Kroll: Alle diejenigen, die sich in den drei genannten Bereichen wiederfinden. Das sind im Prinzip alle Berufsgruppen im Versicherungsbereich, die sich in der VH zu Hause fühlen, sich fort- oder ausbilden oder spezialisieren wollen. Auf Seiten der Assekuranz wenden wir uns in erster Linie an Underwriter oder solche, die es werden sollen. Genauso aber auch an Vermittler, insbesondere Makler, die in dieser Richtung spezialisiert sind oder das vorhaben.

Scholz: Auf der Strecke Vermögensschaden sind auch viele spezialisierte Rechtsanwälte unterwegs. Überall sucht der Markt händeringend nach Nachwuchs, der hochspezialisiert sein muss im Bereich Recht und BWL in Kombination mit dem Versicherungswesen.

Man muss kein Jurist sein, um zu bestehen

procontra: Das Studium schließt mit dem akademischen Grad „Master of Laws“, LL.M., ab. Was wird denn für die Zulassung an Vorwissen und Qualifikation erwartet?

Scholz: Man muss kein Jurist sein, um das Studium zu bestehen. Vorkenntnisse und Erfahrung in der Versicherungsbranche sind schon nötig und ein abgeschlossenes Studium in einem einschlägigen Fach. Jemand, der völlig unbeleckt kommt, wird mit dem Studiengang überfordert sein.

Kroll: Wer die formalen Voraussetzungen nicht mitbringt oder den Abschluss nicht will, dem ist das Studium aber nicht automatisch verschlossen. Als Gasthörer kann er auch einzelne Module absolvieren. Der Makler kann sich beispielsweise gezielt auch nur für Cybermodule anmelden. Auch da sehen wir eine stark wachsende Nachfrage nach Know-how.

procontra: Was kann der Makler, der sich vielleicht auf diesem Weg zum Cyberprofi entwickeln will und das Modul bucht, daraus mitnehmen?

Scholz: Durch die Digitalisierung haben wir es mit immer neuen Haftungsfällen zu tun. Welche Schäden können durch die Nutzung von IT entstehen? Wie kann man einen Cyberschadenfall aufarbeiten? Hier kommt ja meist vieles zusammen: Drittschäden, Betriebsunterbrechung, Reputationsschäden, Benachrichtigungspflichten, Datenforensik. Was soll oder kann versichert werden? Risiken dahingehend erkennen, bestimmen und bewerten – das ist Sinn und Zweck der Übung.

Kroll: Es ist ein Potpourri an juristischen Fragen, die gelernt und verstanden werden müssen. Die Cyberversicherung besteht ja aus mehreren Komponenten. Aber in erster Linie geht es auch hier um Vermögensschäden – solche, die das Unternehmen selbst hat, also Eigenschäden. Und solche, die es durch die eigene IT anderen zufügen kann. Aufbauend auf den Haftungsbasics, gehen wir auf Deckungsfragen ein, dann weiter zur Schadenregulierung, Schaden- und Abgrenzungsproblemen. – Nicht zufällig ist der Bereich Cyber bei Versicherern und spezialisierten Maklern fast immer an den VH- oder D&O-Bereich angedockt. Alles hängt unmittelbar zusammen.

procontra: Wie erleben Sie in Ihrer Praxis, respektive Ihrer auf Datenschutz spezialisierten Anwaltskanzlei die Dringlichkeit des Themas? Welches Beratungs- und Umsatzpotenzial kann sich der Makler mit einer Cyberspezialisierung erschließen?

Scholz: Als jemand, der seit zwei Jahren ausschließlich im Datenschutz aktiv ist, auch als Datenschutzbeauftragte, sehe ich natürlich die neuen Haftungsrisiken insbesondere durch die DSGVO. Der Umgang damit ist in vielen Unternehmen im Moment noch das reine Chaos. Und Chaos bedeutet immer ein hohes Haftungsrisiko. Stichwort: Organisationsverschulden – Haftung der Geschäftsführer, Vorstände, also der Organe. Gleichzeitig verändert sich durch die Digitalisierung unsere Arbeitswelt mit immer höherer Nachfrage nach Dienstleistungen. Und sobald es um Dienstleistungen geht, besteht ein höheres Risiko im Bereich Vermögensschadenhaftpflicht, was gleichzeitig auch wieder Cyber tangiert.

Kroll: Cyber ist deshalb interessant, weil es alle Wirtschaftszweige in Deutschland betrifft. Dementsprechend öffnet sich für Makler ein großer unbegrenzter Markt. Weil auch jedes kleine Unternehmen oder irgendwann auch jede Privatperson eine Cyberversicherung haben wird – so selbstverständlich wie heute eine Feuerversicherung.

procontra: Was macht Sie da so sicher?

Kroll: Der Blick auf die Versicherungswelt in den USA. Der Markt dort ist wesentlich reifer. Er liefert nach bisheriger Erfahrung eine Art Vorschau. Die D & O ist da eine gute Blaupause. Vor ca. 20 Jahren kam sie nach Deutschland und ist heute ein Standardprodukt bei großen und zunehmend auch kleineren Kapitalgesellschaften. Bei Cyber wird es sich genauso entwickeln. Davon kann man ausgehen. Die großen Unternehmen kaufen jetzt. Wir können das bestätigen, denn wir bekommen die Anfragen. Und wir sehen, dass es sich allmählich auch in die kleineren Unternehmen zieht. In spätestens zehn Jahren wird auch der Handwerker und Kleinstunternehmer eine Cyberpolice haben.

Kurz vorgestellt: Berufsbegleitender Studiengang „Master of Liability, Risk & Insurance - PI/D&O/Cyber“

Liability, Risk and Insurance (deutsch: Haftung, Risiko und Versicherung). PI steht für Professional Indemnity (Berufshaftpflicht), D&O für Directors & Officers (Organ- oder Manager-Haftpflichtversicherung).

  • Start: Wintersemester 2019/2020 an der Rheinischen Fachhochschule Köln (RFH)

  • Studieninhalte/Studienkonzept: entwickelt von der Deutschen Gesellschaft für Vermögensschadenhaftpflicht (DGVH e.V.) und der Rheinischen Fachhochschule Köln (RFH)

  • Blended-Learning-Konzept: keine Anwesenheitspflicht, aber auch kein reines Online-Studium, einmal monatlich Präsenzvorlesungen freitags und samstags, zusätzlich als Livestream/Download

  • Gasthörerschaft: zu allen Modulen, mit Weiterbildungspunkten, evtl. Zertifikat

  • Dozenten: vorrangig Praktiker - Rechtsanwälte, Versicherer, Makler

  • Dauer: 3 Semester, berufsbegleitend

  • Kosten: rund 500 Euro Monatsbeitrag im Semester

  • Finanzierung/Förderung: über DGVH-Award möglich, Stipendium möglich (steht noch nicht im Detail fest)

Dieser Artikel wurde veröffentlich in procontra online: www.procontra-online.de